LIEBE

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Hallo ihr Lieben,

nach längerer Zeit melde ich mich mal wieder aus dem fernen Indien. Mittlerweile lebe ich schon seit fast drei Monaten in diesem Land, das sich so von Deutschland unterscheidet. Nicht nur durch banale Sachen, wie das Fahren auf der vermeintlich falschen Straßenseite oder der Omnipräsenz des Reis´ auf dem Speiseplan. Nein, diese Unvergleichbarkeit geht viel tiefer. Die Mentalität der Inder mit der der Deutschen zu vergleichen erscheint einem beinahe unmöglich.
Sind es wirklich dieselben indischen Väter, die ihre Kinder in einem Augenblick zur Schnecke machen und maßregeln, es aber schon in der nächsten Minute stoisch über sich ergehen lassen, dass ihre Sprösslinge nach Lust und Laune an ihnen herumturnen und ihnen in Nase, Wangen und Ohren kneifen. Diese etwas andere, aber trotzdem spürbare Liebe beeindruckt mich jedes Mal wieder.
Das Thema Liebe, ist für die Inder ja eher ein heikles Thema. Es schickt sich hier im ländlichen Städtchen Sathyamangalam für ein Paar eben nicht händchenhaltend über den Busbahnhof zu spazieren.
Chapeau vor den Beiden, die es trotzdem getan haben. – Sie wurden von allen angestarrt. Auch von Maria und mir. Jedoch nur, weil wir zu tiefst beeindruckt von ihrem Mut und ihrer Ignoranz gegenüber der alten, verstaubten, gesellschaftlichen Do´s and Don´ts waren.
Indien, ein Land, das in vielen Jahrhunderten lebt.
Ich finde es auf den Punkt gebracht. Einerseits ist Indien in Sachen Technologie dabei immer mehr aufzuholen. Aber eine Beziehung zwischen Mann und Frau ohne Ehe ist hier nicht gern gesehen. Arrangierte Ehen sind hier an der Tagesordnung. Auch Kaleivanie, die Lehrerin unserer Klasse, hat uns erzählt, dass sie letztes Jahr einen Mann geheiratet hat, den ihre Eltern für sie ausgesucht haben.
Dieses Ehekonzept ist für uns westlich denkende Mädels schlichtweg nicht vorstellbar. Dennoch funktioniert es und diese „gestifteten“ Ehen halten statistisch gesehen länger als eine Liebesheirat. Das mag zum einen daran liegen, dass die gemeinsamen Kinder einen doch zusammenschweißen, aber auch der Druck, den die Gesellschaft ausübt sollte nicht vernachlässigt werden. Deswegen sieht alles äußerlich nach einer heilen Welt aus, das kann aber täuschen. Kaleivanie hatte Glück, sie und ihr Mann verstehen sich gut und sie ist zuversichtlich, was die Zukunft anbelangt.
Jetzt aber zu meinen letzten Wochen. Es waren mal wieder Examweeks in der Schule und Maria und ich mussten dieses Mal sogar bei der Tamilprüfung ran. Donnerstag und Freitag der vorletzten Woche fuhren wir zwei Freiwilligen nach der Schule  todesmutig mit den Schulbussen mit. Erst mit dem kleinen A-Bus, der zwei Runden fährt, um die ihm zugeteilten Kinder heimzubringen, am Freitag dann mit dem großen B-Bus, der nur einmal fährt, dafür aber genauso lange braucht: ca. 1 ½ Stunden.
Von Teerstraßen, Schotterpisten, mit Schlaglöchern übersäten Feldwegen bis zu –äh gar keinen Wegen. Wir haben alles mitgemacht.
Im Bus – das reinste Chaos. Ein „Miss sit here next to me“ nach dem anderen erscholl aus diversen Kindermündern. Es wurden Flieger aus herausgerissenen Heftseiten gebastelt, Handtücher zu Hüten umfunktioniert und Snacks ausgepackt.  Aber es war auch ein lehrreiches Erlebnis:
Bei all dem Spaß und Herumalbern mit den Kindern, vergaßen wir nicht uns anzuschauen, wie und wo sie wohnen.
Das ist genauso unterschiedlich, wie die Kinder unterschiedliche Konfessionen haben.
Manche leben in Hütten, andere in Häusern. Manche haben Ziegen, Kühe und Hühner andere einen räudigen Hund. Manche habenmehr Wohlstand als andere.
Aber es dominiert die Liebe. Die Liebe, die spürbar wird, wenn die Kinder, sobald der Bus anhält von ihren Müttern oder Vätern, die sie abholen in die Arme geschlossen werden. Und sie werden ALLE abgeholt.

Außerdem haben wir ein weiteres Kuchenexperiment gestartet und es ist uns geglückt. Der Apfel-Karotten-Kokos-Kuchen hat gemundet.
Vom 7.-9. November waren wir mal wieder in Kotagiri. Dort haben wir am Samstag mit Erna einen Ausflug zum Kodanadu View Point unternommen. Von diesem Aussichtspunkt hat man, bei schönem Wetter, einen unglaublichen Ausblick. Man kann sogar bis zu uns runter nach Puduvadavalli schauen.
Leider hatten wir nicht so viel Glück, denn der Nebel hing in den Bergtälern fest. Trotzdem war es ein sonniger, warmer Tag und wir hatten viel Spaß. Das  konnte der Sonnenbrand, den wir alle drei am Abend vorzuweisen hatten nur bestätigen.

 

Aber das war´s auch schon wieder von mir

 

Liebe Grüße an Alle , Jana

5 Gedanken zu “LIEBE

  1. Hallo Jana,

    danke für Deine neue Post aus Indien „Liebe“

    Es ist immer schön , deine Erlebnisberichte zu lesen. Bei uns ist es nicht so spannend, du erlebst fast jeden Tag etwas Neues, da kann man natürlich viel berichten. Deinen Bericht habe ich kopiert und an Rita weitergegeben. Sie freut sich ebenfalls immer sehr, von dir zu hören.

    Viele herzliche Grüße und weiterhin alles Gute

    Gundi, Rita und Heiner

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  2. Dati

    Hallo Jana,
    wieder mal ein super Bericht, der uns förmlich teilhaben lässt an eurem Leben; aus unseren Besuchen in Nepal kann ich die Busreise nachvollziehen; der Lärm auf den Straßen, die Gerüche. Es stimmt, auch in Nepal sind die Leute arm aber zufrieden.
    Deine Dati

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  3. Jochen

    Hi Janilein wieder mal ein toller Erlebnisbericht. Ich freue mich immer sehr auf deine spannenden Blogeinträge.
    Warte schon gespannt auf den nächsten…

    Busse Jochili

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  4. Anne Lechner

    Liebe Jana, schön, dass du uns so viel von deinem Leben in Indien mitteilst. Wir wünschen dir noch viele gute Begegnungen und kleine Abenteuer. Eine schöne Adventszeit im fernen Indien wünschen Anne und Reinhold

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  5. Julia Gremer

    Hallo liebe Jana,
    Dein Blog ist wirklich unglaublich und deine Erfahrungen in Indien sind einmalig und werden dich sicher dein ganzes Leben begleiten!
    Liebe Grüße aus deinem Heimatdorf!
    Julia und Ingrid Gremer 😉

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